In der philosophischen Audiothek entsteht gerade eine Reihe zu Long Covid und ME/CFS. In der letzten Ausgabe sprach Jana Winter mit Dr. Sonja Riegler über die Macht des Nichtwissens, nicht nur in Bezug auf die Pandemie, aber durchaus mit einem Schwerpunkt darauf. Das Nichtwissen, was Long Covid (und auch andere chronische Erkrankungen) anbelangt, führt sie schlussendlich nicht zentral auf psychologische Momente des Selbstschutzes und der Abschottung zurück, sondern argumentiert, dass Kern der Ignoranz das Desinteresse im Kapitalismus an nicht verwertbaren Körpern ist. Diese nicht verwertbaren Körper sind in sich widerständig, würde ich anfügen, und nicht auf einer rein existenzialistischen Ebene, sondern auch epistemisch (das sagt wiederum Dr. Sonja Riegler), denn Betroffene können Wissen hervorbringen, das anderen unerreichbar ist. Gerade bei ME/CFS und Long Covid ist das ja auch in sehr kurzer Zeit geschehen. Interessant sind auch die vielen Querverbindungen zu anderen Marginalisierten, die Riegler immer wieder miteinflicht.
In der Folge zuvor sprach Duha Samir mit Markus Hochgerner über seine Erfahrungen als Psychotherapeut in Wien, der seit 2021 auch Long-Covid- bzw. PAIS-Betroffene in Gruppen begleitet. Eine Sache, die mir zwar schon ganz ungefähr klar war, aber die ich so deutlich bisher noch nicht vor Augen hatte, ist das Gift in der Frage von „Was hast Du?“. Gerade bei chronischen Erkrankungen gibt es da meiner Erfahrung nach keine Antwort, die mir selbst ansatzweise gerecht werden würde. Hochgerner nennt das auch eine Fragmentierung des Empfindens der Betroffenen: Durch das Aufschlüsseln in verschiedene Symptome scheint es den Fragenden dann wenn auch nicht nachfühlbar, so doch zuordenbar – („Achso, Bluthochdruck, das hab ich auch!“). Er spricht auch unter anderem über die Hilflosigkeit der Medizin und ihrem teilweisen Versagen dabei, es richtig zu kanalisieren; sowie über die psychischen Voraussetzungen für Pacing.
Noch nicht gehört habe ich die erste Folge mit Jana Winter, Duha Samir und Zoe Gudovic über das Ausruhen, aber mit dem Slogan „Rest is Resistance“ kann ich jedenfalls schon eine Menge anfangen.
Hinterlasse einen Kommentar