0) Das ist nicht mehr als ein Zettelkasten, der in unregelmäßigen Abständen erweitert werden soll. Es sind nicht mehr als rohe Gedanken und Einfälle; keine fertige Theorie.
1) Was niemand sieht
Der Pandemie war von Anfang an miteingeschrieben, dass ihre Ursache zwar darstellbar ist, aber nicht greifbar. Es gab verschiedene Versuche, das Virus selbst als solches abzubilden und sozusagen die Wurzel des Übels zu fassen – das blieb freilich unproduktiv, weil so ein überdimensioniertes, vereinzelt vor sich hinschwebendes Virus nichts zu sagen weiß. Ein Virus gehört der Masse, gehört in die Masse; mit dem Virus ist ja auch nie der einzelne Partikel gemeint, sondern immer das ganze Phänomen. Gustave Le Bons Definition von Masse nimmt gerade darauf Bezug, wenn er von einer Gemeinschaftsseele, die diese Masse auszeichnet, und von einer „Ansteckung“ der Gefühle spricht. Das unterschiedet bei Le Bon die individualisierte, demokratische Menge von der irrationalen Masse. Die Parsprototoisierung in den Darstellungen (hier als Beispiel ein Spiegelcover von April 2020) hat den eigentümlichen Effekt, dass das Virus zwar individualisiert wird, aber als etwas alienhaftes, als Eindringling, das die Welt erobert.
(2 a) Eine Frage wäre, inwiefern die Bevölkerungen während der Lockdowns zu einer körperlosen Masse wurden.)
3) Das Fremde
Dass (ausgerechnet) Amazon 2025 eine Neuverfilmung von „War of the Worlds“ herausbrachte, erscheint folgerichtig: der Text von HG Wells liest sich heute wie ein Kommentar zu Pandemie-Paragidmen. Es gibt hier mehrere Ebenen: Einerseits das Virus als „Das Fremde“, das in eine halbwegs heile Welt eindringt, um dort alles zu verheeren und das ganze Leben – jedes Leben – umzustürzen, andererseits aber auch der eugenische Unterlauf, der in der Moral kulminiert, dass die Menschheit sich das Recht auf ein Leben auf Erden nur dadurch erlitten hat, weil es all die Pandemien und Seuchen überlebt habe. Die Auslese durch Bakterien und Viren hat eine Menschheit geformt, die koexistieren kann; im Gegensatz zu den Aliens, die diesen Prozess nicht durchliefen und deswegen alle dahinscheiden müssen. Die Parallelen zu Covid-Politiken der Durchseuchung liegen auf der Hand; man muss also einen Teil der Menschen loswerden, um die Menschheit als ganzes zu festigen. Das ist reine Eugenik.
(3a) Die besondere Ironie in dieser ganzen Neuverfilmung liegt in der Verschränkung mehrerer Ebenen: den Film als misslungen zu bezeichnen wäre eine sanfte Untertreibung. Eine genauere Analyse des Films und all seiner Fehler und Ungereimtheiten steht an dieser Stelle noch aus, ein paar Aspekte aber lassen sich hier sicher anekdotisch einflechten: die miserable schauspielerische Leistung hängt mit den Produktionsbedingungen zusammen: Ice Cube beispielsweise berichtete darüber, wie er im Lockdown ohne Regie und ohne sonstige Unterstützung Teile des Films vor dem eigenen Rechner schlicht eingesprochen hat: da kommt die Schauspielerei dann wieder zurück zum Mythos des aus sich selbst schöpfenden Küntler*innen-Ichs und scheitert prompt grandios. Es gehört aber andererseits ironischerweise dazu, dass dieser Flop für Amazon deswegen gar keiner ist, weil er angesichts der Gewinne während der Pandemie überhaupt nicht ins Gewicht fällt: Amazon kann es sich leisten, Schrott zu produzieren. An der Stelle ist interessant, dass der Bereich, aus dem sich Amazon für seine Schrottstory bedient hat – die Literatur nämlich – gerade unter den Gewinnen Amazons während der Pandemie gelitten hat, weil die Papierpreise derart in die Höhe schossen. U.a. dadurch, dass der Versandhandel explodierte, haben mehrere Produzent*innen in Schweden auf Verpackung umgestellt, weswegen in ganz Europa die Papierpreise deutlich stiegen: was dann Kleinverlage in besonderem Maße bedrohte; nicht zuletzt deswegen haben einige Kleinverlage in Europa auch die Segel gestrichen.)
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